„Ich möchte mich herzlich bei unseren Lehrkräften bedanken. Wir befinden uns in einer herausfordernden Zeit, die uns viel Flexibilität abverlangt. Mein Eindruck ist, dass die Schulen sehr umsichtig mit der Situation umgehen.“
(Prof. Dr. Michael Piazolo zur Einstellung des Unterrichtsbetriebs an den Schulen)
Umsichtig umgehen, flexibel sein, Herausforderungen meistern – was auf das, derzeit fälschlicherweise so genannte “Homeschooling” zutrifft, gilt in besonderem Maße natürlich auch für die Seminararbeit mit unseren ReferendarInnen. In diesem Beitrag möchte ich kurz schildern, wie wir – als Digitale Schule 2020 zwangsläufig in der Pflicht – mit diesem zusätzlichen Handlungsfeld umgehen. Die Ideen zu einem Seminar-Konzept, was wir “Distance-DiBiS” nennen, sind sicher nicht gänzlich neu oder einem vorher definiertem Masterplan folgend, sondern ad hoc, für unsere Situation passend, entwickelt worden. Dennoch hoffe ich, dass die Ausführungen ggf. auch für andere Schulen hilfreich sein können. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werde ich verschiedene Leitfragen aufwerfen und dann die “Distance-DiBiS-Lösung” darstellen.
Leitfrage 1: Wie organisieren wir den Unterricht im Seminar?
Hier hatten wir im Prinzip am wenigsten Probleme, da die Infrastruktur vor Ort und auch landesweit passend vorhanden ist. Im Rahmen des Geschichtsunterrichts erstellten die ReferendarInnen reguläre Unterrichtsstunden, die neben ausreichend Platz für Wiederholungselemente und medialer, barrierefreier Zugänge auch eine behutsame Progression im Stoffverteilungsplan beinhaltete. Als Plattformen nutzten wir mebis, unseren Edu-Blog und die schulinterne Nextcloud. Die Seminarklassen konnten in der Regel gut mit den Angeboten arbeiten, da diese sowohl iPad-Klassen sind als auch durch die flächendeckende Flipped-Classroom-Konzeption in den unteren Jahrgangsstufen im Fach Mathematik mit der Plattform mebis bereits vertraut waren. Anfängliche Probleme mit mebis federten wir durch die genannten Alternativen schnell ab. Zur Information der Eltern nutzten wir unser Kommunikationssystem ClaXss. Aufgrund der DiBiS-Inhalte konnten die ReferendarInnen völlig selbstständig agieren, den SchülerInnen Feedback geben und benötigten keinerlei Hilfestellungen, um die digitale Unterrichtsversorgung passend zu vollziehen.
Leitfrage 2: Wie führen wir Fachsitzungen durch?
Nachdem der 1. Punkt soweit organisiert war, kam die Frage auf, ob und inwieweit wir die regulären Fachsitzungen stattfinden lassen können. Dank der Tipps aus dem #Twitterlehrerzimmer fiel unsere Wahl auf das Videokonferenztool Jitsi. Um die Stabilität zu erhöhen, integrierte unser Schulleiter Markus Bölling dieses Open-Source-Tool auf unserem Schulserver. Somit konnten alle Seminarfächer bei allen Seminarlehrern regulär stattfinden, so dass auch das Ausbildungscurriculum nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde. Zur weiteren Absprache, Kommunikation und Seminarorganisation etablierten wir das Tool Riot / Matrix – eine Art “MS Teams” als Open-Source-Angebot. Besonders erfreulich ist dabei, dass unsere ReferendarInnen diese Angebote dann auch gleich mit ihren jeweiligen Klassen nutzten und z. B. Videosprechstunden durchführten.
Leitfrage 3: Welche Inhalte im Fach Geschichte sollten nun aus fachdidaktischer Sicht vermittelt werden?
Für mich persönlich war schnell klar, dass die Fachsitzungen im Fach Geschichte auch thematisch an die jetzigen Gegebenheiten angepasst werden mussten. Auf Anfrage des isb Bayern erstellte ich mit meinem Kollegen Georg Rösch zunächst eine Sofort-Hilfe-Linkliste für den digital gestützten Geschichtsunterricht. In den jeweiligen Sitzungen behandelte ich die Themen “Narrationen im Geschichtsunterricht” und “Oral History” – derzeit durchaus aktuell – sowohl aus inhaltlicher als auch methodischer Hinsicht (vgl. “Mitmach-Aktion” Körber-Stiftung). Des Weiteren nahmen wir an einem Webinar von “History Voices” teil, einem Angebot eines PlayBooks, das Gamification-Elemente in den Geschichtsunterricht bringen soll. Somit konnte quasi nebenbei auch dieses neue Angebot von Fortbildungen in die Seminararbeit am realistischen Beispiel erprobt werden, was unsere JungpädagogInnen sicher auch in Zukunft in ihrem Berufsleben kennen lernen werden. Eine Evaluation des PlayBooks planen wir für die erste Fachsitzung nach den Osterferien ein – in welcher Form diese auch immer stattfinden wird.
Leitfrage 4: Wie verfahren wir mit DiBiS?
Als letzter Aspekt blieb nun noch die Frage, wie wir mit DiBiS verfahren sollten. Hier kam mir die Idee, dass es vielleicht ganz hilfreich wäre, die Situation dahingehend zu nutzen, dass wir Experten in unsere Videokonferenzen einladen. Als kleine Reihe “DiBiS abroad” konnten wir bisher drei interessante Gäste begrüßen, die unsere Sitzungen absolut bereicherten. Im Einzelnen waren dies bisher:
- Julia Hastädt (“Distance Learning in anderen Bundesländern – MvEdu meets BayernEdu”)
- Josef Buchner (“AR und VR im Unterricht”)
- Dr. Johanna Uhl (“Extreme Times, extreme Toolification – Hidden gems for contemporary digitally supported language learning for beginners and runaways”) (Hinweis: Titel war von mir so gewünscht)
Das überragende Feedback der ReferendarInnen und die Werbung via Twitter verbreiteten die kleine Serie dahingehend, dass wir sogar auch schon Gasthörer mit einladen “mussten;)”. Danke an alle, die ihr Wissen mit uns geteilt haben.
Fazit: Die Ausbildung kann in diesem Zeiten sicher stattfinden, letztlich kann an manchen Stellen sogar die externe Expertise diese bereichern. Das Kerngeschäft Unterricht kann allerdings bestenfalls simuliert werden, vor allem wenn man die derzeitigen Anforderungen einer Prüfungslehrprobe denkt. Dennoch denke ich, dass “Distance-DiBiS” alle Beteiligten gerade in ihrer Handlungskompetenz derart bereichert hat, dass unser aktueller Jahrgang nicht nur für kommende Krisen gerüstet sein müsste. Aber ohne “Digitale Bildung” in der Lehrerausbildung wird es sicher in Zukunft nicht mehr gehen, das lehrt uns der “Fall Corona” nun am drastischen Beispiel.