Vom E-Book über das Erklärvideo zum E-Portfolio – im Schulversuch geht es darum, das Spektrum der Leistungsnachweise zu erweitern. Es werden digitale Aufgabenformate entwickelt, die kooperative und kreative Heran-gehensweisen auch in Prüfungssituationen erlauben. Sie bilden dabei insbesondere diejenigen Kompetenzen ab, die junge Menschen für Studium, Beruf und ihr Leben in einer digitalisierten Welt brauchen. – zitiert nach “Prüfungskultur innovativ”

In einem früheren Artikel habe ich dargelegt, inwieweit ich versucht habe, das o.g. Leitziel des aktuellen Schulversuchs “Prüfungskultur innovativ” in den Fächern Deutsch und Geschichte abzubilden. Zu Beginn des neuen Schuljahrs 22/23 möchte ich nun nochmals ein paar Gedanken zum Thema teilen und vor allem grob skizzieren, wie man die Arbeit in einem derartigen Projekt mit Studienreferendarinnen in die Ausbildung implementieren kann. Unter der Formel aus der Überschrift (4x3x2x1) kann man schon ablesen, dass dies mehrerer Komponenten bedurfte, die ich nun kurz aufschlüssle:

  • Vier: Im letzten Schuljahr betreute ich vier Geschichtsklassen im 2. Halbjahr, die von meinen Studienreferendarinnen Eva Neher und Nadja Sturm unterrichtet wurden. Als Ersatz für einen kleinen Leistungsnachweise definierten wir vier unterschiedliche Ideen, die o.g. Forderung aus dem Schulversuch möglichst nahe kommen sollte.
  • Drei: Ausdrücklich erwähnenswert ist, dass wir die folgenden Unterrichtssettings gemeinsam und kollaborativ entwickelt haben. Dabei gab es keine Denkverbote oder Hierarchien, die letzten Entscheidungen oblagen immer bei den Studienreferendarinnen, die in vielerlei Hinsicht von diesem Seminarprojekt profitierten.
  • Zwei: Aus meiner Sicht elementar ist, dass digitale Leistungsnachweise sich in zwei Bereiche einpassen lassen, die ich als absolute Gelingensbedingungen ansehe, wenn man das Thema auch an anderen Schulen voranbringen möchte. Zunächst muss es inhaltlich in den neuen LehrplanPLUS einbettbar sein (und vielleicht gerade bei Themen, bei denen die traditionelle Schulbücher nicht viel hergeben). Außerdem sollte ein wertiger digitaler Leistungsnachweis auch Kompetenzstufen erreichen, welche den Umfang und Aufwand lohnen. Hierbei setzten wir uns das Ziel, jeweils die Förderung der Urteils- und Narrativen Kompetenz herauszustellen.
  • Eins: Um unsere Abläufe zu strukturieren und mit den Schüler:innen transparent arbeiten zu können, setzten wir konsequent auf eine digitale Plattform – nämlich mebis. Dabei verfeinerten wir en passant auch unsere technisch-pädagogischen Kompetenzen.
Vorbereitung, Durchführung, Bewertung, Feedback 

Die nun folgenden Unterrichtsbeispiele wurden im März-Mai 2022 durchgeführt. Zur Vorbereitung erarbeiteten wir zunächst analog in einer doppelstündigen Fachsitzung eine Zusammenschau der zu berücksichtigten Planungspunkte (siehe Slideshow unten). Zudem wurde schon eine konkrete “Lernproduktidee” entwickelt und ein modifizierbarer Bewertungsbogen erstellt und diskutiert. Für die jeweiligen Klassen ergaben sich letztlich folgende Leistungsnachweise:

  • Klasse 6 (Lernbereich 8): “Menschen machen Geschichte” – Die Schüler:innen sollten mithilfe von Pages eine Broschüre erstellen, die einen ihnen unbekannten Herrscher oder Herrscherin vorstellt. Gemeinsame und gelenkte Recherchephasen sowie die eigentliche Produkterstellung waren hierbei gefordert. Zudem sollte der “historische Pate” mithilfe der Items aus der LUIGI-App “bewertet” werden.
  • Klasse 7 (Lernbereich 4): “Perspektiven der Reformation” – Die Schüler:innen führten ein fiktives Interview mit einem Protagonsten der Reformation. Als Produkt wurde eine Art “Podcast” gewählt. Eigene und kollaborative Recherchephasen waren hier auch wiederum vorab zu leisten.
  • Klasse 8 (Lernbereich 7): “Protest, Aufstand und Revolution! Menschen kämpfen für ihre Freiheit” – Die Schüler:innen schrieben fiktive Tagebucheinträge zu ausgewählten Ereignissen, bei denen Menschen protestierten. Außerdem wurde ein konkreter Steckbrief verlangt, der die jeweilige Person historisch triftig vorstellen sollte. Mit digitalen Feedbackphasen konnte die Lehrkraft auch den individuellen Schreibprozess bewerten und die Klasse während des Leistungsnachweises begleiten.
  • Klasse 9 (Lernbereich 4): “Mit Videos Geschichte erzählen: Die sog. “Gleichschaltung” – Die Schüler:innen konzipierten ein Erklärvideo zu verschiedenen Bereichen der “Gleichschaltung”, entwickelten den Bewertungsbogen mit, recherchierten im Team und hatten zudem eine Zwischenfeedback in ihr Produkt einzuarbeiten.

Prinzipiell ergaben sich natürlich äußerst unterschiedliche Ergebnisse. Dennoch lag von Seiten der Schüler:innen beim Feedback im Fokus, dass eine signifikante Mehrzahl den höheren Aufwand im Vergleich zum traditionellen Leistungsnachweis wahrnahm, aber letztlich auch höhere Behaltensleistungen und weitere positive Aspekte, wie z. B. Lernen im eigenen Tempo, Kreatives Arbeiten möglich oder höhere Lernmotivation, erkannte. Für die Arbeit im Seminar ergaben sich für mich etliche Vorteile, da ich in den o.g. Wochen einen guten Einblick in die Planungskompetenzen der Studienreferendarinnen erhielt und zudem diese in einer anderen Lehrkräfterolle wahrnehmen konnte. Des Weiteren entstanden spannende Diskussionen bzgl. der Bewertungskriterien und der Bepunktung der einzelnen Schüler:innen-Beiträge. Es ist zu erwarten, dass die Teilnahme am Schulversuch auch für die Studienreferendarinnen einen enormen Zuwachs an Professionalisierung darstellte, den diese dann im Rahmen der prüfungsrelevanten “Schriftlichen Hausarbeit” sicher gut nutzen konnten.

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