Zombiesk treibt sich derzeit wieder die Diskussion über den Mehrwert des digital unterstützten Lehrens und Lernens durchs Twitterlehrerzimmer. Die Mutter aller Debatten im Digitalbereich ist einfach nicht tot zu kriegen. Medien klammern sich an diesen Begriff bei gut gemeinten, aber nicht immer sauber recherchierten Beiträgen über Schulbesuche von Flensburg bis Füssen. Experten aller Art reden und schreiben sich beinahe um Kopf und Kragen und driften teilweise ins Persönliche ab. Ein Zustand, den man vor allem deshalb anprangern kann, weil, so scheint es mir, wertvolle Zeit für den eigentlichen Kern unserer Arbeit – die Unterrichtsentwicklung – ungenutzt verstreicht.
Natürlich habe auch ich kein Patentrezept für dieses „Problem“, das momentan vielleicht ja auch nur bei mir verstärkt wie ein Pop-Up-Fenster aufploppt. Gerne lasse ich mich auch überzeugen, dass mich mein Gefühl trügt. Trotzdem stelle ich als These in den Raum, dass dieses Feeling bei mir entsteht, weil ich mich zu sehr in der „Digi-Filterblase“ bewege.
Ich komme darauf, weil ich in der letzten Woche den Kongress der Dt. Schulakademie „Nicht mehr allein! Gute Schulen kooperieren!“ besucht habe. Eine der wenigen Veranstaltungen in den letzten Monaten, die nicht mit „unserem Lieblingsthema“ als explizitem Aufhänger arbeitete … und das war auch gut so.
Einen besonderen Impuls erhielt ich neben dem gewinnbringenden Austausch mit vielen Kollegen vor allem durch den Einstiegsvortrag von Prof. Dr. Cornelia Gräsel (Bergische Uni Wuppertal), die sich mit der Rolle der Kooperation und deren Wirken auf Schulinnovationen beschäftigte. Ihr Begriff der sog. „Kokonstruktion“ zeigte für mich deutlich, woran es vielleicht gerade bei uns digitalaffinen Lehrkräften teilweise noch fehlt. Sie definierte dieses Konzept nämlich als „gemeinsames Arbeiten an komplexen Aufgaben, das nicht nur dem Kompetenzerwerb dient, sondern im Idealfall mit einer erheblichen emotionalen Entlastung verbunden ist“. Als conditio sine qua non sind dafür aber ein gewisser Ressourcenaufwand und die Einschränkung der eigenen Autonomie auszuhalten. Zudem muss eine stabile Vertrauensbasis bei allen Beteiligten vorhanden sein. Natürlich gibt es viele Beispiele – gerade auch aus dem Twitterlehrerzimmer – die dies bewusst/unbewusst umsetzen. Die Breite erreichen diese Initiativen aber wohl (noch) nicht.
Mir scheint, dass gerade aber dieses Konzept der Kokonstruktion in besonderem Maße geeignet ist, jetzt endlich und wirklich einen Mehrwert dafür zu generieren, dass der Unterricht im Fokus unserer Anstrengungen liegen sollte. Ein Projekt wie das absolut gelungene Digital Learning Lab in Hamburg kann nur durch Kokonstruktion entstanden sein. Stolpern wir also in unseren Anstrengungen nicht über theoretische Maulwurfshügel, was laut Konfuzius nämlich sogar öfter vorkommt als das Scheitern an unerklimmbar scheinenden Bergen.