#BayernEdu versucht in seinen Beiträgen immer auch etwas über den Tellerrand hinauszuschauen. Via Twitter erfuhr ich von einer aktuellen Neuerscheinung aus der “Kleinen Reihe Hochschuldidaktik” des Wochenschau Verlags. Unter dem Titel “Evaluation und Feedback im Fach Geschichte” legen Andreas Frings und Tobias Seidl eine 56 Seiten starke Veröffentlichung vor, die mich vor allem deshalb interessierte, da ich während meines Geschichtsstudiums eigentlich nie mit den genannten Punkten in Berührung kam. Heute bin ich als Seminarlehrer allerdings auch auf diese Themen angewiesen, zudem steht im Rahmen der Digitalen Bildung Feedback und Evaluation sowieso immer auf der Agenda. Grund genug, einen Blick in den universitären Kosmos zu werfen.

Das Wichtigste vorweg: Ich habe das Werk recht gewinnbringend gelesen, da es den Autoren gelingt – trotz der Kürze (oder vielleicht gerade wegen) des Formats – wissenschaftlich fundiert und auch für Neulinge in dieser Thematik anschaulich genug zu schreiben. Als Basis der Überlegungen wird zunächst auf das für schulische Zwecke gut übertragbare Modell von Immanuel Ulrich vorwiesen, der als Einzeldimensionen einer “guten Hochschullehre” neben den jeweiligen Rahmenbedingungen die Eigenschaften der Lehrperson, die Qualität der Lehre sowie die studentischen Aktivitäten und deren Ergebnisse definiert. Feedback kommt demnach eine Schlüsselposition zu, da es sowohl mit der “Lehre” als auch der “Studentischen Aktivität” verknüpft ist – ein Gedanke, der sich auch auf den schulischen Unterricht übertragen lässt.

Immer wieder erstaunlich fand ich während der Lektüre, dass die Autoren ziemlich praxisnahe Beispiele in der Literatur gefunden haben (meist aber englischsprachige, was darauf schließen lässt, dass sich Ulrichs Modell sicher noch nicht flächendeckend an deutschen Universitäten herumgesprochen hat). Lehrende können so sicher gut nachvollziehen, welche Art von Feedback Studierende benötigen, um ihren Lernprozess oder ihre Ergebnisse zu “befruchten”. Dass Lehrende “sich selbst in der Rolle des “Trainers” {sehen sollen}, der ein ganzes Team entwickeln will” (vgl. S. 21) und dass es “dem “Trainer” um den kollektiven Lernfortschritt wie auch um die vielen individuellen Lernprozesse zugleich” (vgl. ebd.) gehen soll, sind aus meiner Sicht gerade für das Fach Geschichte schon fast revolutionäre Töne. Dessen sind sich die Autoren wohl auch bewusst, da sie für die o. g. Beispiele auch immer gleich Handlungsempfehlungen und Paraphrasen für die Lehrenden mitliefern. Trotzdem ist das alles sehr bemerkenswert, zeitgemäß und auch das Zeichen, dass sich an den Universitäten gewisse Modernisierungsprozesse – gerade auch im didaktischen Bereich – nicht mehr ignorieren lassen.

Ebenso gut lesbar sind die vorgestellten Gedanken zur Erhebung von Formativen Feedback. Hier wird auch wieder deutlich, dass kleinere Prüfungen – über den jeweiligen “Unterrichtszeitraum” verteilt – wirksamer als wenige größere Prüfungen sind. Zudem wird beim Summativen Feedback richtigerweise auf das Problem des Zeitfaktors hingewiesen, wenn eine Hausarbeit z. B. erst sechs Wochen später zurückgegeben wird. Auch dies ist auf den schulischen Kontext gut übertragbar.

Der zweite Teilbereich des Buches stellt die Beschäftigung mit der Evaluation an sich dar. Für mich neu war u. a., dass nach Wolfgang Stroebe vor allem triviale Faktoren die Evaluation verfälschen können. Die Autoren schlagen daher vor, das “Berliner Evaluationsinstrument für selbsteingeschätzte, studentische Kompetenzen (BEvaKomp)” zu nutzen. Die Vorzüge dessen liegen in der Kompetenzorientierung, praktische Beispiel-Items werden gleich ausführlich mitgeliefert, so dass der Lehrende sich gleich an die Konzeption eigener Fragebögen machen kann. Auch die empfohlene fünfstufige Likert-Skala ist anscheinend immer noch als ein möglicher Standard aktuell.  Es ist dieser Service-Aspekt, der die besondere Qualität des Buchs definiert. Schritt für Schritt wird dem Lehrenden erklärt, wie die Item-Formulierung und -Gruppierung für ein historisches Seminar gelingen kann. Zum Abschluss werden noch einige “Qualitative Instrumente” vorgestellt, die auch, wie z. B. der “Brief in die Zukunft”, im Unterricht gut einsetzbar sind. Mit Überlegungen, wie man mit den Ergebnissen einer Evaluation als Dozent umgehen kann, schließt das Bändchen, das man in ca. 1 Stunde Lesezeit gut bewältigen kann.

Einziger Kritikpunkt ist, dass man auch digitale Möglichkeiten der Feedbackerhebung hätte mit erwähnen können, da sich dann der Tipp, dass der Lehrende während die Studierenden die Rückmeldungen geben, den Raum verlassen sollen, erledigen würde. Ich schlage daher vor, dass sich ein Folgeband, bei dem es noch genauer um die Konsequenzen von Feedback und Evaluation auf die Lehre gehen könnte, auch diesen Aspekt berücksichtigt. Man kann dem Bändchen nur wünschen, dass es seine Leser finden wird, denn letztlich profitieren davon nicht nur die Lehrveranstaltungen an den Universitäten, sondern auch angehende Geschichtslehrer können dann schon auf Kenntnisse zum Thema zurückgreifen.

 

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