Nein, diese neuen Fächer braucht es meiner Meinung nach nicht. Aus den im Blogpost angegebenen und anderen Gründen. Man könnte die Forderung sogar humoristisch auf den Kopf stellen, wie es Randall Munroe in seinem großartigen Comic-Blog in der Folge 435 tut:
Wenn alle Themen als Fach wichtig sind, ist keines davon wichtig und wir können alles auch als angewandte mathematische Grundprinzipien und die elementaren Naturkonstanten auffassen. 😉
Die heutige Welt verlangt immer mehr interdisziplinäre und interkulturelle Zusammenarbeit, immer mehr Kompetenzen im Bereich der Kommunikation, Zusammenarbeit und dem Lösen bisher unbekannter Probleme. Ein „Schubladendenken“, monokausale oder monothematische Ansätze helfen nicht mehr weiter.
Sehen wir mal davon ab, dass vor der offenen Frage, wer denn diese geforderten „neuen Fächer“ unterrichten soll, noch eine ganz andere Frage steht: Die der Erstellung eines Lehrplans für diese Fächer. All diese Felder, für die gerne ein neues Fach gefordert wird, unterliegen einem so schnellen Wandel, dass das Schulsystem mit seiner Latenz überhaupt nicht flexibel und schnell (von „agil“ möchte ich gar nicht sprechen, das wäre SciFi) genug reagieren könnte. Das zeigt sich beispielhaft in vielen Informatik-Lehrplänen, die dem, was nach der Schule auf die Schülerinnen und Schüler zukommt, immer weniger ähneln. Da ändert auch das eine Promille der engagierten Lehrkäfte nichts daran, die in Eigenregie und mit riesigem Engagement und Zeitaufwand wie Glühwürmchen durch das Dunkel der „digitalen Abgehängheit“ der großen Masse blinken.
Bleiben wir beim mal beim Fach Informatik (das in seinen Inhalten dann nicht Informatik, sondern eher „angewandte Informatik“, „Programmieren und Algorithmen“ oder gar das von den Puristen verpönte Wort „Informationstechnologie“ bietet). Gerade weil die Welt mehr und mehr auf Software, Daten und deren Verarbeitung basiert, ist eine „schmalbandige“ Auffassung des Fachs nicht mehr möglich. Wer heute außerhalb der Schule in diesem Bereich tätig ist, muss vor allem gute Englischkenntnisse besitzen, prägnant und klar kommunizieren können, Anforderungen und Sachzwänge in Workshops herausarbeiten und diese dann gegeneinander abwägen können. Interkulturelles Arbeiten und Kommunikationskompetenz in realen und virtuellen Umgebungen kommen ebenso dazu wie fachspezifisches Wissen des jeweiligen Einsatzfeldes. Danach kommt die vermeintliche „Informatik“ oder „Softwareentwicklung“ noch oben drauf.
Wie der Autor des Blogposts schreibt, sind „Fächer“ weder die Frage noch die Antwort. Aufgabe der Schule ist es, die Persönlichkeitsbildung, Sozialkompetenz und Fähigkeit zum lebenslangen Lernen zu fördern und bei der Vorbereitung auf die Lebens- und Arbeitswelt nach der Schule mitzuwirken. Das kann problemlos ohne eine Trennung in einzelne Fächer geschehen, denn die Frage wurde bereits im zugrundeliegenden Blogpost formuliert:
Warum also nicht im Fach Deutsch eine materialgestützte Erörterung zum Thema “Alltagskompetenzen”
bearbeiten lassen? Oder im Fach Geschichte die Umweltverschmutzung der historischen
Metropole Rom in den Fokus rücken?— woereal im Blogpost [Braucht es wirklich “neue” Fächer?]
Es liegt an den Lehrkräften, die Möglichkeiten des Systems auszureizen und es bleibt ihnen und dem Schulsystem als Organisation nichts anderes übrig, als die zunehmende Vernetzung und Beschleunigung des Wandels mitzugehen, soll die Rolle der Schule bei der Vorbereitung auf die Welt nach ihr nicht noch weiter abnehmen.